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Overthinking: Der reine Gedanke macht noch kein Buch

Ich tendiere dazu, sehr viel nachzudenken. Wirklich. Überaus dramatisch viel. Was nicht ausschließlich schlecht ist. Denn meiner Meinung nach kann ich so viel über mich selbst und die Welt um mich herum erfahren. Doch irgendwann muss ich auch mal rausgehen, das ist klar. Aber Reflektieren ist im Grunde eine schöne Sache.

Kritisch wird es nur dann, wenn ich mit meinem Denken mir selbst im Weg stehe. Ich verfalle in ausschweifende Grübeleien und male mir die unterschiedlichsten Zukunftsszenarien aus. Je länger diese Phase anhält, desto negativer werden auch meine Gedanken: Meine Ideen sind komisch und nicht zu gebrauchen. Das, was ich mir vorgenommen habe, schaffe ich sowieso nie. Ich kann nichts. Und falls ich ansatzweise etwas könnte, können andere es eh besser, also kann ich -was auch immer- gleich bleiben lassen.

Vor allem in Bezug auf mein aktuelles Projekt (mein erstes eigenes Buch selbst zu verlegen) bin ich oft in diesen unangenehmen Denkschleifen geraten. Wirklich kein schöner Ort, an dem man sich gerne aufhalten möchte. Doch zum Glück habe ich irgendwann bemerkt, wie hart ich mit mir selbst umgehe und wie sehr mich diese Vorgehensweise einschränkt. Natürlich ist es gut, wenn ich kritisch mit mir selbst umgehe, damit ich mich immer wieder verbessern kann und neue Impulse und Eindrücke zulasse. Doch irgendwann ist auch mal gut. Das habe ich insbesondere dann festgestellt, als ich Schritte in Angriff nehmen wollte, die über das eigentliche Schreiben (Umschreiben, Kürzen, Verbessern etc.) hinausgehen und sich mit Themen wie dem Coverdesign und dem Lektorat befassen. Ich habe gelernt, dass ich nicht weiterkomme, wenn ich jegliche Ansprüche an mich selbst extrem hoch ansetze und die Perfektionistin in mir immer wieder versucht dazwischen zu grätschen. Irgendwann musste ich mich auch endlich mal festlegen, wenn ich (noch in diesem Leben) dieses Projekt fertigstellen wollte. Eine Entscheidung ist immer ein Massenmord an Möglichkeiten und ich selbst würde mich sogar als kleinen Entscheidungsneurotiker bezeichnen. Wie also konnte ich mich für ein richtiges Coverdesign entscheiden, wenn unter den genannten Gesichtspunkten jede Entscheidung doch eigentlich nur falsch sein konnte?

Ich habe versucht, mehr auf Impulse zu achten und meinen Kopf hin und wieder auszuschalten. Immer, wenn ich wieder anfing nachzudenken und abzuwägen war ich schon einen Schritt zu weit. Wenn etwas auf den ersten Blick richtig erscheint oder sich gut anfühlt, kann es doch gar nicht so verkehrt sein, oder? Ich musste mich für diese Herangehensweise sehr überwinden, doch als es irgendwann „klick“ gemacht hat, habe ich gemerkt, wie gut es tut, wenn ich endlich weitergehe, ohne nach dem ultimativen Nonplusultra zu suchen.

Jetzt kann ich sagen, dass ich selbst für all diese Entscheidungen verantwortlich bin und unglaublich stolz darauf, wie weit ich es bereits geschafft habe. Ich versuche mir zu sagen „Das schlechteste Buch ist das, welches ich nie geschrieben habe“. Und genauso verhält es sich auch mit allen anderen Schritten, die für die Fertigstellung und Veröffentlichung eines Buches notwendig sind. Vielleicht sage ich irgendwann „Oh, was habe ich mir denn dabei gedacht?“, oder „Ja, das war nicht meine beste Idee…“. Aber irgendwie zeigt das doch nur, dass ich Erfahrungen gesammelt habe und mich selbst weiterentwickeln konnte. Denn wenn ich immer nur in meinem Kopf bleibe und grübel und grübel und grübel kann ich mich nicht weiterbewegen, sondern nur auf der Stelle verharren und den Blick für das Wesentliche verlieren. Monotone Bewegungslosigkeit ist langweilig und erzählt auch irgendwie keine interessanten Geschichten.

Denn wer einfach ins kalte Wasser geworfen wird oder aus freien Stücken den Sprung ins kühle Nass wagt, der hat gar keine Zeit zum Grübeln und Nachdenken. Und manchmal kann das auch sehr praktisch sein. Learning bei doing lautet die Devise. Es geht nicht darum, beim ersten Versuch alles perfekt zu machen. Es geht darum, einfach mal etwas auszuprobieren.


Irgendwann hat zum Beispiel jeder mit dem Schreiben angefangen. Wenn man immer am Ball bleibt, ist es doch toll zu sehen, welchen Prozess man erlebt hat. Vielleicht hat es länger gedauert, bis ein Genre gefunden wird, oder ein Stil, der gut zu einem passt. Aber nur dadurch, dass erstmal angefangen wird, etwas gewagt wird (auch zu Scheitern), können wir da sein, wo wird heute sind und stolz auf Entwicklungen zurückblicken.

Schlechte Rezensionen sind besser als gar keine. Und gar keine Rezensionen… zeigen, dass trotz allem der Schritt gewagt wurde, zu veröffentlichen, und das ist großartig! Nachdem ich diesen Text getippt habe, fühle ich mich schon gleich besser und er erinnert mich daran, meine Ratschläge auch selbst zu gut es geht zu befolgen. Wie sieht es bei dir aus, hast du bestimmte Tipps um das eigene Gedankenkarussell zum Stehen zu bringen? Gigi

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